Aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(Aktualisiert am 09.03.2020-14:26)
Gleichstellung: Wie Frauen Unternehmen erfolgreicher machen
Aufsichtsräte und Vorstände sind noch immer Männerdomänen. Dabei sind Frauen an der Spitze eine Entwicklungschance für Unternehmen.
Unternehmen mit Frauen im Topmanagement sind erfolgreicher. Das ergibt sich aus dem sogenannten Gender Diversity Index 2019. Er untersucht die hundert größten börsennotierten Unternehmen mit Blick auf die Gleichstellung in der Unternehmensführung. Das Ergebnis: Die dreißig fortschrittlichsten Unternehmen in Sachen Geschlechtervielfalt, schnitten durchschnittlich zwei Prozentpunkte besser ab als der Dax. Auch die Schwankungsbreite der Aktienpreise – und somit das Risiko der Anlagen – ist in diesen Unternehmen geringer. Die Zahl von Frauen in oberen Führungspositionen ist demnach ein wichtiger Faktor für den Erfolg von Unternehmen. Rocío Lorenzo, eine der Co-Autorinnen der Studie, sagte hierzu: „Es schadet dem Geschäft, dass viele Unternehmen noch immer die Zielgröße Null für Frauen im Vorstand angeben.“
Frauen fördern eine positive Unternehmenskultur
Laut Studie begünstigen Frauen im Topmanagement außerdem eine innovative und aufgeschlossene Unternehmenskultur. In Unternehmen, die als divers wahrgenommen werden, geben 93 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, dass ihre Stimme gehört werde. Das sind 24 Prozent mehr als in Unternehmen mit homogen männlicher Führung. Auch haben in den diverseren Unternehmen 91 Prozent der Beschäftigten das Gefühl, sie könnten sich im Arbeitsumfeld authentisch geben. Bei nicht-diverser Führungsriege sind es nur zwei Drittel.
Auffällig ist auch: Internationale Investoren sind immer stärker an sogenannten „Gender Lens Investing-Produkten“ interessiert.
Es handelt sich dabei um Anlagen, die sich auf Gleichberechtigung fokussieren. So zum Beispiel auf Unternehmen mit einem überdurchschnittlichen Frauenanteil in Führungspositionen oder mit einem Produktangebot, das die Gleichstellung fördert. Deutschland folgt dem Trend zu solchen Investitionen dagegen nicht. Das Interesse, in divers geführte Unternehmen zu investieren, ist hierzulande vergleichsweise gering.
Noch immer wenig Frauen in oberen Führungspositionen
Trotz der offenkundig positiven Zugkraft, die Frauen in oberen Führungspositionen mitbringen, waren nur neun Prozent der Vorstandsposten in den untersuchten Unternehmen weiblich. Neunundfünfzig von Hundert haben bisher gar keine Frau an der Spitze. Dabei würden Frauen, wenn sie erst mal im Vorstand seien, sogar seltener ausgetauscht als Männer.
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Das Argument, es gäbe nicht genügend qualifizierte Frauen, um die Führungspositionen ausgewogener zu verteilen, ist laut Studie ein Mythos. Erkennbar sei das an der Zahl der Mehrfachmandate, die Mitglieder von Aufsichtsräten übernehmen. Frauen sitzen fast immer nur in einem Kontrollgremium, während Männer häufiger in mehreren Konzernen aktiv sind. Gäbe es also nur eine begrenzte Zahl an geeigneten Frauen, müssten diese ebenso oft wie ihre männlichen Kollegen in mehreren Aufsichtsräten tätig sein.
Die Studie wurde von der Boston Consulting Group in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München durchgeführt. Untersucht wurden die hundert größten deutschen Börsenunternehmen.