Psychologische Forschung zum Thema Female Leadership

Die Anzahl an Frauen an der Spitze der Businesswelt ist sehr begrenzt: Nur 37 Unternehmen der Fortune 500 werden von Frauen geführt, was einen absoluten Höchststand darstellt. Das bedeutet aber auch, dass nach wie vor fast 93% der Unternehmen auf der Liste von Männern geführt werden. Dieser Mangel an Frauen in Spitzenpositionen ist einer der Gründe, weshalb auch in der Psychologie Forschung zum Thema Female Leadership betrieben wird.

Die von der der American Psychological Association initiierte Podcast-Serie „Speaking of Psychology“ bietet eine auch für Laien verständliche Aufbereitung neuster psychologischer Forschung und schlägt die Brücke zwischen Wissenschaft und Alltag. In den Podcastfolgen „The challenges faced by women in leadership“ (2020) und „How women become leaders“ (2018) wird Alice Eagly, PhD Social Psychology, zum Thema Female Leadership interviewt und bietet spannende Einblicke in ihre Forschung.

 

Zur Person
Alice Eagly studierte Psychologie an der Harvard University und ist Professorin der Psychologie an der Northwestern University in Illinois. Ihre Forschungsschwerpunkte als Sozialpsychologin liegen unter anderem in den Bereichen Gender, Feminismus, Einstellungen, Vorurteile, Stereotype und Führung. Eaglys wissenschaftliches Werk wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Im Rahmen ihrer Karriere hat sie mehr als 200 Artikel und Buchkapitel veröffentlicht sowie eine Vielzahl an Büchern (u.A. „Through the Labyrinth: The Truth About How Women Become Leaders.“) verfasst.

Labyrinth vs. Glasdecke
Oft wird die Metapher der Glasdecke genutzt, welche Frauen davon abhält, in Führungspositionen zu landen. Nach dieser Vorstellung steigen Frauen auf, bis sie kurz vor der Spitze durch eine undurchdringbare Glasdecke gestoppt werden. Eagly kritisiert an dieser Metapher unter anderem, dass die Barriere zwischen Frauen und Führungspositionen keine feste, unflexible Glasdecke ist, sondern durch z.B. kulturellen und sozialen Wandel beeinflusst werden kann und muss.

Hier macht Eagly einen Gegenvorschlag und vergleicht den Karriereweg von Frauen stattdessen mit einem Labyrinth, welches eine Vielzahl (psychologischer) Hürden beinhaltet. Herausforderungen befinden sich laut Eagly auf dem ganzen Karriereweg, nicht erst „auf den letzten Metern“ zur Führungsetage, was von den Frauen ein hohes Maß an Resilienz, Durchhaltevermögen und Flexibilität abverlangt. Im Gegensatz dazu gleicht laut Eagly der Karriereweg der Männer einer relativ gerade Straße mit einzelnen zu überwindenden Hürden.

Think Manager, Think Male (Virginia Shine, 1973)
Im Interview berichtet Eagly eindrücklich vom „Think Manager, Think Male“-Phänomen: „Typischen“ Führungspersönlichkeiten werden mehr stereotyp männliche als weibliche Charaktereigenschaften zugeschrieben, was auch in Studien gezeigt werden konnte. Probanden beschrieben hier Frauen im Vergleich zu Männern als netter, freundlicher, mitfühlender, empathischer und sozial kompetenter. Überraschenderweise wurden Frauen auch fachlich als mindestens genauso oder sogar kompetenter eingeschätzt, allerdings auch als weniger ehrgeizig wahrgenommen. Männer wurden als tougher, durchsetzungsfähiger, bestimmender und aggressiver eingeschätzt. Bat man die Probanden, die für sie typische Führungspersönlichkeit zu charakterisieren, so wurde diese als tough und durchsetzungsfähig beschrieben, sie muss in der Lage sein, Anweisungen zu geben und diese auch durchzusetzen. Es fällt sofort auf, dass diese Beschreibung eine sehr viel größere Überschneidung mit „männlichen“ als „weiblichen“ Eigenschaften hat

Ein Teil des Problems liegt demnach nicht darin, dass man Frauen den Chefposten fachlich nicht zutraut, sondern darin, dass die „typische“ Frau oft nicht mit dem klassischen Rollenbild einer Führungsperson übereinstimmt.

Dies hat unter anderem auch zur Konsequenz, dass Frauen nicht so viel Autorität gewährt wird, da Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit und Bestimmtheit stereotyp nicht mit Frauen assoziiert werden. Frauen könnten also theoretisch den „perfekten“ Führungsstil haben, können diesen aber nicht effektiv umsetzen, da die anderen nicht bereit sind, mitzuziehen.Laut Egly wäre es aber ein Trugschluss zu glauben, dass man als Frau, „typisch männliche“ Eigenschaften annehmen sollte, um eher in das klassische Bild eines (männlichen) Führungscharakters zu passen. Dies würde eher zu gegenteiligen Effekten führen, da es sowohl auf Kosten der weiblichen Stärken als auch der Authentizität geht.

Neben dem Wandel des klassischen Bildes einer Führungspersönlichkeit ist eine Integration typisch weiblicher Eigenschaften mit Führungskompetenz eine Möglichkeit, um Frauen den Weg in Führungspositionen zu ebnen.

„Weibliche“ Stärken wie Empathie und Sozialkompetenz sollten unbedingt beibehalten werden, in Verbindung mit einem gewissen Grad an „Toughness“ und Bestimmtheit- also traditionell „männlichen“ Eigenschaften. Im Podcast wird Kamala Harris als ein positives Beispiel für eine erfolgreiche Integration dieser Eigenschaften genannt. Sie spricht in einer klaren, bestimmten Art, ist kommunikations- und debattenstark. Auf der anderen Seite lächelt sie dabei viel, hat einen weiblichen Ausdruck in ihrer Geste /Stimme und ist zudem durch eine Vielzahl politischer Rollen in Kalifornien und als Senatorin hochqualifiziert.

Weiblicher vs. männlicher Führungsstil
In letzten Jahren wandelt sich das Verständnis von erfolgreicher Führung und dem Bild einer klassischen Führungspersönlichkeit. Auffällig ist hierbei, dass die Wichtigkeit stereotyp weiblicher Eigenschaften, insbesondere Sozialkompetenz, in ihrer Relevanz für erfolgreiche Führung erkannt werden. So zeigen Frauen einen mehr partizipativen, transformationalen Führungsstil mit mehr Fokus auf Beziehungen. Auch beim transaktionalen Führungsstil zeigen sich Geschlechterunterschiede: Beim positiv-transaktionalen Führungsstil liegt der Fokus mehr darauf z.B. Stärken in Arbeitsprozessen oder Mitarbeitern zu erkennen und diese zu fördern- ein Führungsstil, welcher eher von Frauen gezeigt wird und aus psychologischer Sicht oft effektiver ist. Beim negativ-transaktionalen Führungsstil liegt der Fokus eher auf den Schwächen und der Beseitigung dieser, was häufiger von Männern praktiziert wird. Die Geschlechterunterschiede sind zwar eher klein, konnten aber dafür recht konsistent gefunden werden.

Ausblick
Das 4. Freiburger Unternehmer-Symposium war ein Plädoyer für den transformationalen Führungsstil, der den weiblichen Chefs in die Karten spielt (weiterführende Informationen sind hier abrufbar). Das 5. Freiburger Unternehmer-Symposium am 22./23. September 2021 wird aufzeigen, warum Frauen oft besser in der Lage sind, bei Mitarbeitern Vertrauen, Loyalität und Inspiration aufzubauen.

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Genanntes Beispiel für erfolgreiche Integration „typisch weiblicher“ Eigenschaften mit Führungskompetenz ist Kamala Harris.

…spricht in einer klaren, bestimmten Art.

…Kommunikations- und debattenstark.

…lächelt dabei viel, hat einen weiblichen Ausdruck in ihrer Geste /Stimme.

…ist hochqualifiziert: Vielzahl politischer Rollen in Kalifornien, Senatorin.